Im Schatten der Mauer
Ein Hauch von Geschichte umweht die Volvo China Open in dieser Woche. Das liegt jedoch nicht daran, dass die offenen nationalen Meisterschaften von China das traditionsreichste Profi-Turnier des Landes sind. Es hat vielmehr mit dem Austragungsort zu tun. Ganz vorne in der Favoritenliste neben Titelverteidiger Wu Ashun steht der Österreicher Bernd Wiesberger. Marcel Siem und Maximilian Kieffer sind die beiden deutschen Teilnehmer. Sky überträgt das Turnier täglich exklusiv live. Kommentar: Adrian Grosser.
Das Turnier
Seit 2004 gehören die Volvo China Open zum Turnierkalender der European Tour. Die Geschichte der nationalen chinesischen Meisterschaften geht aber bis ins Jahr 1995 zurück, als der Paraguayer Raul Freitas die Premiere in Peking gewann. Mit nur 21 Austragungen in Folge sind die China Open das traditionsreichste Profi-Turnier des Landes. Das liegt daran, dass der Sport in der kommunistischen Volksrepublik früher verpönt war. Heutzutage boomt er dagegen unter den Kadern, die es sich leisten können. Ein Blick in die Siegerliste fördert eine erstaunliche Statistik zutage: In den 21 Jahren ihres Bestehens gab es 21 verschiedene Sieger. Keine guten Aussichten für Titelverteidiger Wu Ashun.
Der Platz
Die diesjährigen Volvo China Open werden für die Pros ein unvergessliches Erlebnis werden. Dafür sorgt schon allein der Austragungsort. Der Topwin Golf & Country Club ist ein moderner und exklusiver Privatklub mit 18 anspruchsvollen Bahnen in hervorragendem Zustand. Doch das ist es nicht, was ihn auszeichnet und von vielen anderen Top-Klubs unterscheidet. Der von Masters-Champion Ian Woosnam gestaltete und 2011 eröffnete Parkland-Platz in den Hügeln von Huairou im Norden Pekings hat viel mehr zu bieten. Unmittelbar an der Chinesischen Mauer gelegen eröffnen sich den Spielern von vielen Stellen des Kurses herrliche Ausblicke auf eins der sieben Weltwunder. Im Angesicht von über 2.000 Jahren Geschichte kann man das eine oder andere Bogey vielleicht etwas leichter verschmerzen. Oder auch nicht.
Der Titelverteidiger
Der Schlusstag bei den Volvo China Open 2015 hielt, was er versprach. Vier Spieler waren gleichauf an der Spitze in die letzte Runde gestartet, darunter der Titelverteidiger Alexander Levy sowie die beiden chinesischen Fanfavoriten Li Hao-tong und Wu Ashun. Den Tag über wechselte mehrfach die Führung und die Entscheidung fiel erst auf dem letzten Loch. Wu, der in der vorletzten Gruppe unterwegs war, setzte mit neun unter Par die Klubhausführung. Er konnte nur noch von David Howell überholt werden, der mit eben diesem Score in der letzten Gruppe auf die 18 kam. Von außen beobachtete Wu, wie der Engländer zunächst das Fairway verpasste, dann auch das Grün und schließlich seinen Par-Putt aus knapp drei Metern. „Das ist ein ganz besonderer Moment, die Volvo China Open zu gewinnen, das bedeutet sehr viel für unser Land“, erklärte Wu, der als erster Chinese ein Turnier der European Tour in China gewann.
Die Favoriten
Wu Ashun ist fest entschlossen, die Statistik zu ignorieren, dass noch kein Spieler die Volvo China Open zweimal gewinnen konnte. „Ich freue mich darauf, in Peking zu spielen und bin total darauf fixiert, meinen Titel zu verteidigen“, erklärt der 30-Jährige.
Er bekommt es allerdings mit starker internationaler Konkurrenz zu tun. Ganz vorne auf der Favoritenliste steht in dieser Woche der Name Bernd Wiesberger. Der Österreicher ist der top-gesetzte Spieler des Feldes. „Meine Form ist in diesem Jahr sehr konstant“, sagt Wiesberger, „aber ich will noch häufiger um Titel mitspielen. Hoffentlich gelingt mir das in Peking und ich kann meinen ersten Sieg in China erringen.“
Weitere aussichtsreiche Stars der European Tour sind die Ryder-Cup-Spieler Victor Dubuisson und Ross Fisher sowie Thorbjörn Olesen, Tommy Fleetwood, Kristoffer Broberg, Joost Luiten, James Morrison und 2014-Sieger Alexander Levy.
Die deutschen Teilnehmer
Marcel Siem und Maximilian Kieffer haben eine relativ kurze Anreise nach Peking. Etwa drei Stunden dauert der Flug von Shenzhen im Südosten Chinas in die 2.000 Kilometer weiter nördlich gelegene Hauptstadt. Dass sie allerdings zwei Tage zusätzlich Zeit haben zu trainieren, dürfte beide eher gestört haben. Das lag schließlich daran, dass sowohl Siem als auch Kieffer beim Shenzhen International den Cut verpassten. In Peking heißt es nun für beide, es besser zu machen, um im Race to Dubai von Rang 75 (Kieffer) bzw. 78 (Siem) etwas vorzurücken.