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"Wird Müller mal Bayern-Präsident, Herr Hoeneß?"

Exklusives Interview mit Uli Hoeneß

Im exklusiven Interview mit Sky Sport News HD spricht Bayern-Präsident Uli Hoeneß über die Entwicklung beim Rekordmeister.
Image: Im exklusiven Interview mit Sky Sport News HD spricht Bayern-Präsident Uli Hoeneß über die Entwicklung beim Rekordmeister.

Für den FC Bayern-Präsidenten ist das Duo Uli Hoeneß/Karl-Heinz Rummenigge weltweit einmalig. Zudem ist er davon überzeugt, dass Thomas Müller schnell aus seinem Formtief finden kann.

Das komplette Interview zum 65. Geburtstag sehen Sie im laufenden Programm auf Sky Sport News HD.

Sky Sport: Nach vier sensationellen Jahren - unter Jupp Heynckes und dann Pep Guardiola - fast ohne ein schlechtes Spiel - ist jetzt nun ein wenig eine Phase des Durchschnaufens. Haben Sie vielleicht auch das Gefühl, dass der Zyklus einer großen Mannschaft vorbei ist?

Uli Hoeneß: "Naja, wenn man diese Frage dem Tabellenführer und Herbstmeister stellt, dann ist das natürlich schon ein wenig fragwürdig. Das muss ich mal deutlich sagen. Tatsache ist, dass wir im ersten Halbjahr nicht so viele gute Spiele gemacht haben wie das eigentlich dem FC Bayern zusteht und wie die Leute und wir auch es von uns erwarten. Ich muss sagen, ich war nicht so zufrieden mit dem ein oder anderen Spiel, da ist noch viel Luft nach oben. Aber jetzt aus einer Reihe von nicht guten Spielen, die aber am Ende gewonnen wurden, jetzt hier eine Wachablösung, das Ende einer Ära herbeizureden, das ist mir viel zu weit hergeholt. Es ist unsere Aufgabe, all die "Freunde", die sich jetzt schon die Hände reiben, dass es endlich beim FC Bayern auch mal bergab geht, am Saisonende wieder weinen zu sehen."

Sky Sport: Es gibt ja Kritiker, die sagen, der Altersdurchschnitt ist zu hoch, die Superstars haben ihren Leistungszenit schon überschritten und Pep Guardiola hat mit seiner fordernden Art das Team so ausgepresst.

Uli Hoeneß: "Ich kann mich an Zeiten im August, Oktober erinnern, als die ganze Medienwelt darüber gesprochen hat, wie schwierig das mit Guardiola war, wie toll das jetzt mit Ancelotti ist. Alles ist viel besser, die Arbeit von Pep Guardiola wurde ganz schlecht gemacht und jetzt, wo wir nicht ganz so gut spielen, dreht sich das. Und dieses Spiel mache ich leider nicht mit. Ich bin der Meinung, Pep war und ist ein guter Trainer. Ich bin der Meinung, Ancelotti war und ist ein guter Trainer. Und ich bin überzeugt, dass wir mit einer guten Rückrunde die Unkenrufe, die jetzt schon im kleinen Stil da sind, dass die wieder verstummen."

"FC Bayern hat unendliche Mittel, sich zu verstärken"

Sky Sport: Macht der Altersdurchschnitt Ihnen keine Sorgen?

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Uli Hoeneß: "Überhaupt nicht. Der FC Bayern hat unendliche Mittel, um sich zu verstärken, wenn es notwendig ist. Aber da wir das im Moment nicht so sehen, tun wir es nicht. An dem Tag, wo wir zu der Erkenntnis kommen, machen wir die Kassen wieder auf."

Sky Sport: Muss Carlo Ancelotti das Hoch des FC Bayern in den letzten vier Jahren ausbaden?

Uli Hoeneß: "Das hätte jeder machen müssen. Wenn man praktisch immer Meister wird, immer im Halbfinale der Champions League steht, ist klar, dass da mal eine Delle kommt. Ich sehe das im Moment als eine spielerische Delle, ergebnismäßig sind wir immer noch voll im Soll."

Sky Sport: Viel wird über Taktik diskutiert. Was gefällt Ihnen persönlich besser, der Spielstil von Guardiola oder der von Ancelotti?

Uli Hoeneß: "Für mich wird von viel zu vielen Leuten über Taktik gesprochen, die von Taktik gar nichts verstehen. Wenn ich dann immer höre, 17 Kilometer gelaufen und der Andere zwölf. Und ich höre, 98 Pässe gespielt. Ein Pass über 20 Zentimeter gilt ja schon als gelungener Pass. Die hätten alle mal den Gerd Müller erleben müssen. Der ist keine fünf Kilometer gelaufen und hat aber vier Tore gemacht. Diese ganzen Statistiken, die sind schön für Euch, weil der Reporter damit langweilige Spiele überbrücken kann, weil er dann erzählen kann, im Jahr 1998 hat er schon den Ball mit dem linken Fuß in den rechten Winkel gehauen. Am Ende sind es die Ergebnisse, am Ende ist es das schöne Spiel, die ganze Statistik kannst du in die Tonne hauen."

"Die ganze Statistik kannst du in die Tonne hauen"

Sky Sport: Müller hatte schon unter Pep Guardiola nicht immer den leichtesten Stand und nun sagt Lothar Matthäus bei der "Sport Bild", dass es im System bei Ancelotti keine Position für Müller gibt. Macht Ihnen das Sorgen?

Uli Hoeneß: "Nein. Natürlich spielt Carlo eigentlich ein 4-3-3 ohne diesen hängenden Mann hinter dem Mittelstürmer, welches die Idealposition für Thomas Müller ist. Bei Thomas ist es so: Er hat meiner Meinung nach einen unglaublichen Aufstieg hinter sich, der über Jahre nur eine Richtung kannte: Nämlich nach oben. Und dann hat er durch den verschossenen Elfmeter gegen Atletico zum ersten Mal in einem wichtigen Spiel gemerkt, was es heißt, in einem wichtigen Spiel eine persönliche Niederlage zu erleiden. Und dann kam die Europameisterschaft hinzu, wo er keine Tore geschossen hat und dann gibt es so eine Verselbständigung in unserer Gesellschaft. Auch medial mit diesem "Online-Zeugs", da wurde ja auch Politik gemacht. Da die Spieler das auch zu viel lesen, - mir würde das gar nicht passieren, weil ich nicht hinein schaue -, werden die Spieler dadurch auch beeinflusst. Und dann hat er teilweise auch nicht so gut gespielt. Und jetzt hat er Selbstvertrauen verloren, und jetzt sind wir alle aufgerufen, dem Thomas jetzt wieder den Rücken zu stärken. Er muss gut trainieren, er muss wieder seine Leistungsfähigkeit haben und dann wird Thomas Müller wieder bei Bayern München die Person sein, die er vorher war und völlig egal auf welcher Position er spielt. Wenn Thomas in Form ist, wird es nicht die Frage der Taktik sein, sondern eher die Frage, wo stelle ich den Thomas hin."

Sky Sport: Ist Thomas Müller eines Tages mal Bayern-Präsident?

Uli Hoeneß: "Mir wäre lieber im Moment, wenn er bald wieder in der ersten Mannschaft spielen würde. Alles andere kommt dann von alleine."

"Da würde Ihnen Lahm ins Gesicht springen"

Sky Sport: Können Sie sich Lahm als Leiter der neuen Jugendakademie vorstellen?

Uli Hoeneß: "Da würde Ihnen Lahm ins Gesicht springen, bei diesem Vorschlag. Er hat klare Vorstellungen, Jugendarbeit ist da nicht vorgesehen. Er sieht sich natürlich als ein Mann, der große Erfahrung hat. Er wäre sicherlich nicht zufrieden, wenn wir ihm dieses Angebot machen würden - und das ist auch irgendwo berechtigt."

Sky Sport: Will Lahm auch schon Macht?

Uli Hoeneß: "Nein, aber er sieht sich natürlich als ein Mann, der große Erfahrung hat. Er wäre sicherlich nicht zufrieden, wenn wir ihm dieses Angebot machen würden und das ist auch irgendwo berechtigt."

Sky Sport: Ist Lahm noch viel zu nah an der Mannschaft dran?

Uli Hoeneß: "Es ist richtig, dass wir dieses Thema diskutieren werden. Wir machen das mit Ruhe, ohne Zeitdruck. 1979 bin ich auch von den kurzen Hosen direkt hinter den Schreibtisch gekommen. Ich hatte die Gelegenheit, einem kleinen Klub bei der Entwicklung zuzuschauen. Damals haben wir zwölf Millionen Mark Umsatz gemacht, heute sind es 600 Millionen Euro. Der Druck heutzutage ist viel größer als damals."

Sky Sport: Sehen Sie Konfliktpotential bei der Doppelführung Hoeneß/Rummenigge?

Uli Hoeneß: "Das sehe ich nicht so. Der FC Bayern ist mit dieser Konstellation das geworden, was er heute ist. Ich bin überzeugt, dass wir zwei für den FC Bayern in den nächsten Jahren viel Gutes tun können, wenn wir uns verständigen und gemeinsam, was ich glaube, an einem Strang ziehen. Dann wird der FC Bayern von diesem Duo an der Spitze sehr profitieren. Alle anderen Vereine auf der Welt hätten gerne zwei an der Spitze, die zum einen vom Sport und zum anderen von der Wirtschaft etwas verstehen. Diese Konstellation gibt es auf der ganzen Welt nicht. Vorstand, Trainerteam - eine Konstellation die ihresgleichen sucht."

Sky Sport: Gerät der zukünftige Sportdirektor dann zwischen die Fronten?

Uli Hoeneß: "Das sehe ich überhaupt nicht so. Wenn man so erfahrene Leute hat, kann man als junger Mann davon nur profitieren. Es ist nicht einfach, die Schuhe sind natürlich groß, die wir da getragen haben. Aber auf der anderen Seite kann man von unserer Erfahrung profitieren. Wenn einer genau zuhört und zuschaut, hat er eine gute Chance, das Fußballgeschäft von der Pike auf zu lernen und seinen eigenen Weg zu gehen. Junge Leute tun gut daran, die etwas Älteren zu beobachten und ihnen Recht zu geben."

Sky Sport: Der Sieg gegen RB Leipzig war eine Erleichterung für die große Bayern-Familie. Waren die Fans in den letzten Jahren zu verwöhnt?

Uli Hoeneß: "Nein, die haben sich berechtigterweise Sorgen gemacht, weil wir nicht so gespielt haben, wie es dem FC Bayern zusteht und wie man das von uns erwartet. Wir haben in der Vorrunde zu viele Spiele gehabt, wo man nicht zufrieden nach Hause ging, und das gilt es jetzt abzustellen, denn wir wollen ja unserem Zuschauer nicht nur Titel bieten, sondern auch schönen Fußball. Da ist Luft nach oben. Das wissen wir alle. Das weiß der Trainer, das weiß der Vorstand, das wissen die Spieler. Und mit dem Sieg gegen Leipzig haben wir uns eine prima Ausgangslage für die Rückrunde und das Jahr 2017 geschaffen und ich bin todsicher, dass die Mannschaft sich diese Steilvorlage in diesem Spiel, dass auch 5 oder 6:0 ausgehen hätte können, dass sie die auch verwerten wird."

Das Interview führte Sky Sport News HD Reporter Uli Köhler

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